Weber Rescue-Days in Waldmünchen

08.04.2017
Landkreis-Führungskräfte zu THL-Fortbildung in Waldmünchen.

Auch Führungskräfte können mal zupacken

 

Eigentlich koordinieren sie die Einsätze im ganzen Landkreis Cham, am Samstag aber wurden die Rollen getauscht, ein jeder konnte selbst einmal anpacken: Beim Infotag „Technische Hilfeleistung“ in Waldmünchen wurde die Feuerwehrführung des Landkreises Cham von Vertretern der Firma Weber-Rescue für Verkehrsunfälle mit eingeklemmten Personen geschult. Auch die Firma Bavaria Brandschutz präsentierte dabei Neuentwicklungen und simulierte einen Autobrand.

Für den obersten Chef der Feuerwehren im Landkreis Cham, Kreisbrandrat Michael Stahl war es ein „Samstag der Ausbildung“, man wolle sich im Bereich der Technischen Hilfeleistung ein wenig updaten. Auch deshalb waren rund 90 Prozent der Führungskräfte im Landkreis seiner Einladung in das Waldmünchner Gerätehaus gefolgt. Als besondere Gäste konnte Michael Stahl außerdem EPHK Alfons Windmeißer von der Polizei Cham sowie PHK Josef Kussinger von der Polizei Waldmünchen sowie eine Mannschaft der tschechischen Wehr aus Janovice und Michael Daiminger vom BRK begrüßen. Die Feuerwehr Waldmünchen kümmerte sich um das leibliche Wohl und das ganze „Drumherum“. Die Mannschaft der Waldmünchner Wehr durfte am Schulungstag ebenfalls teilnehmen.

Als Referenten für den THL-Info-Tag konnten Uwe Irrgang und Albert Kreutmayr von der Firma Weber-Rescue gewonnen werden. Diese führen seit vielen Jahren Fortbildungen im Umgang mit Rettungsschere & Co durch und haben damit sehr viel Erfahrung. Am Vormittag referierte Albert Kreutmayr im Schulungsraum über den Einsatz von Rettungsmitteln bei der Befreiung von Personen aus verunfallten Fahrzeugen. Er zeigte den Wandel der Fahrzeug- und Rettungstechnik in den letzten Jahrzehnten auf. „Technische Hilfe ist wie ein Schreibtisch voller Schubladen. Man muss sich genau überlegen, welche Methode zu welchem Szenario passt und nicht immer passt die angedachte Methode“, so Kreutmayr. Er zeigte Videos von verschiedenen Crashtests und verdeutlichte damit auch, dass die dabei gewonnenen Ergebnisse immer nur Laborwerte seien, auf die man sich bei einem Einsatz nicht verlassen könne. Da der Referent selbst bei der Berufsfeuerwehr Augsburg tätig ist, konnte er natürlich auch von vielen Einsatzbeispielen berichten. „Was passiert, wenn es plötzlich anders ist als gelernt? Dann müssen auch die Führungskräfte entscheiden, was zu veranlassen ist.“ Er nannte die wichtigsten Problembereiche bei der Unfallrettung: Es geben zum einen Wissensdefizite, was den Aufbau von Personenkraftwagen betrifft. „Alle kennen A-, B-, C-Säule, dass es aber auch Querträger und vordere Längsträger gibt, wissen die Wenigsten“, verdeutliche Kreutmayr. Ebenso sei verhalte es sich mit den Materialstärken an den unterschiedlichen Fahrzeugteilen. Bei der Rettung kann zum anderen der Werkstoffmix Probleme bereiten. Eine glatte Oberfläche erschwert den Einsatz des Rettungsspreizers. Weitere Probleme ergeben sich aus Treibgasgeneratoren für Airbags oder aber aus komplizierten Deformationen.

Der Referent nannte die Bereiche, mit welchen eine bestmögliche Personenrettung erzielt werden kann: Kenntnis von den verstärkten Bereichen des verunfallten Fahrzeugs, ausreichend Kenntnis der verschiedenen Methoden, leistungsfähige Gerätschaften und kompetente und kreative Geräteführer. „Die Schneidkraft der heute auf dem Markt vorhandenen Geräte hat sich im Vergleich zu früher verdreifacht“, wusste Albert Kreutmayr. Bei den Rettungsleitstellen könnten außerdem die Kennzeichen abgefragt und damit Rückschlüsse auf den Fahrzeugtyp gewonnen werden. Immer mehr seien in den Feuerwehren auch Laptops mit Datenblättern über sämtliche Fahrzeugtypen vorhanden. Er zeigte die ganze Bandbreit an einsetzbaren Rettungsmitteln ein und erklärte, dass für ihn die „Oslo-Methode“ nicht immer das Mittel der ersten Wahl ist. Zum Ende des Vortrags ging der Referent noch auf die Zusammenarbeit mit Rettungsdienst und Polizei ein und appellierte, sich am Einsatzort Gedanken über das Abstellen des eigenen Fahrzeuges zu machen. Kreisbrandrat Stahl gab seinen Führungskräften mit, dass an der Einsatzstelle immer auch auf Augenschutz und Mundschutz Wert gelegt werden soll.

Noch vor dem Mittagessen ergriff Michael Daiminger vom Bayerischen Roten Kreuz das Wort und erklärte die medizinische Infrastruktur im Landkreis Cham. Für ihn sind Qualität und Zeit die Gradmesser in der Arbeit des Rettungsdienstes. Man müsse, so Daiminger, aber immer auch die Realitäten beachten, teilweise seien die Anfahrtswege zu Kliniken sehr lange, auch das Finden einer geeigneten Zielklinik nicht immer einfach. „Bei einer Lage mit fünf Verletzten ist im Rettungsdienst schon der halbe Landkreis neben der Regulärversorgung beschäftigt, in München ist das nicht erwähnenswert“, so Daiminger. Aber natürlich könnten im Landkreis Cham auch große Einsatzlagen mit vielen Verletzten bewältigt werden. Heute wird wertvolle Zeit dadurch gewonnen, dass ein Rettungswagen schon auf der Anfahrt zum Krankenhaus die wichtigsten Daten und Vitalfunktionen zusendet, so dass sich das Personal in der Klinik darauf einstellen kann. Dadurch würden Nachteile aufgrund langer Anfahrtszeiten minimiert, so der Rettungsdienst-Chef. Die Luftrettung könne die Rettung zwar optimieren, aber nicht ersetzen, da bei Nebel oder Gewittern nicht geflogen werden könne. Abschließend gab Michael Daiminger den Führungskräften noch einige Tipps für die Arbeit an Einsatzstellen mit. Auch der Kreisbrandrat gab den Anwesenden noch einige Vorgaben mit auf den Weg.

Für das Mittagessen zeichnete sich Helmut Blahnik im „Trepferl“ verantwortlich und danach ging es für die Führungskräfte auf das Gelände der Firma Bavaria, wo bereits drei Fahrzeuge darauf warteten, zerlegt zu werden. Das Ausbilderteam der Firma Weber-Rescue stand bei den einzelnen Maßnahmen kompetent und beratend zur Seite. Und die Führungskräfte packten dann auch ordentlich an und bedienten die schweren Rettungsgeräte. Bürgermeister Markus Ackermann stieß mit seiner Frau Petra ebenfalls dazu und bekam kurzerhand Einsatzkleidung angelegt. Beide durften sich dann ebenfalls an einem Auto zu schaffen machen und damit die technisch anspruchsvolle Arbeit hautnah kennenlernen. Als letzter Punkt standen am Ausbildungstag noch Vorführungen der Firma Bavaria Brandschutz auf dem Programm. Prokuristen Stefanie Aumeier stand den Führungskräften mit weiteren Mitarbeitern Rede und Antwort. Die Waldmünchner Firma hatte neue Lösungen beim Einsatz von Sonderlöschmitteln entwickelt und stellte diese bei praktischen Übungen vor. So wurde ein PKW in Brand gesetzt und fachmännisch abgelöscht. Auch ein Magnesiumbrand, wie er bei Fahrzeugbränden durchaus vorkommen kann, wurde entfacht und mit dem entsprechenden Löschmittel eingedämmt. Am Ende bedankte sich Kreisbrandrat Michael Stahl für die geopferte Zeit und die Bereitschaft zur Fortbildung.

 

Quellen:

Bilder und Text: Feuerwehr Waldmünchen