Früh übt sich

07.01.2019
Kinderfeuerwehren sollen den Nachwuchs sichern und vermitteln zudem Wissen.

Die Feuerwehr, ihre roten Autos, Martinshorn und Blaulicht faszinieren wohl jedes Kind. „Als wäre da ein Magnet“, beschreibt Feuerwehrfrau Roswitha Meier das besondere Interesse der Kleinen an der Wehr. Mitmachen aber durften sie lange Zeit erst ab dem zwölften Lebensjahr. Aber da sind viele längst in anderen Vereinen aktiv.

Die Lösung heißt Kinderfeuerwehr. Was es in manchen Ortschaften schon seit einigen Jahren gibt, ist seit vergangenem Juli auch ganz offiziell im Landesfeuerwehrgesetz niedergeschrieben. Jetzt dürfen schon Sechsjährige ihren Traum als Freuerwehrmann oder Feuerwehrfrau leben. Alles, was dafür wichtig ist, etwa die Versicherung, hat der Gesetzgeber nun geregelt.

Roswitha Meier, selbst seit 25 Jahren Feuerwehrfrau, Leiterin des Fachbereichs Frauen im Kreisfeuerwehrverband und dazu pädagogische Fachkraft im Kindergarten, hat sich vor zwei Jahren bei der Rodinger Wehr den „Firekids“ angenommen. Auch den übrigen Feuerwehren im Landkreis steht sie als Ratgeberin zur Seite. Gerade werden immer mehr Kinderfeuerwehren aus der Taufe gehoben. Hauptantrieb dahinter ist die Nachwuchsgewinnung.

 

Was tun, wenn’s brennt?

Eine Kinderfeuerwehr aber könne noch mehr. Sie verbindet. „Bei uns wird keiner ausgegrenzt“, sagt Meier. Inklusion und Integration sind die Schlagworte. Sie erzählt von einem jungen Rollstuhlfahrer. „Bei der Feuerwehr gibt es für jeden was zu tun“, sagt Meier. Daneben geht es um Zusammenhalt. Gemeinsam spielen und basteln, sie unternehmen Ausflüge, backen Plätzchen und feiern, egal ob Halloween oder Nikolaus.

Spielerisch lernen die jungen Feuerwehrler auch noch was fürs Leben – und nicht nur sie. „Wir machen kleine Experimente, etwa wie schnell ein Teddybär brennt“, erzählt Meier. So lernen die Kinder Gefahren kennen und sie einzuschätzen. Sie bleiben dank Erste-Hilfe-Kurs im Notfall ruhig, können stolz die stabile Seitenlage demonstrieren und einen Druckverband anlegen. „Das verewigt sich im Kopf“, sagt Meier.

Nicht zuletzt lernen auch die Eltern dazu. „Manche werden jetzt von ihren Kindern belehrt“, berichtet Meier schmunzelnd. Denn der Nachwuchs weiß nun – und das besser als viele Erwachsene –, was die Gefahrgut-Zeichen auf den Putzmitteln bedeuten und welche Flaschen besser nicht im Putzschrank nebeneinanderstehen.

 

Die Großen als Vorbilder

Die Herausforderung bei einer Kinderfeuerwehr sei, jeder Altersgruppe gerecht zu werden. Während die Jüngsten mit sechs Jahren gerade dem Kindergarten entwachsen sind, sind die Ältesten mit zwölf Jahren Teenager. „Viele teilen sie in zwei Gruppen auf, von sechs bis neun und von neun bis zwölf Jahren“, weiß Meier. „Die Jüngeren lernen dabei von den Älteren.“Überhaupt hat das, was die Großen machen, eine enorme Anziehungskraft. „Sie schauen gerne den Erwachsenen bei deren Übungen zu“, erzählt Meier. An die Geräte darf die Nachwuchswehr natürlich noch nicht. Aber manche Knoten haben sie schon drauf. Die Hoffnung dahinter bleibt, dass aus den Kindern irgendwann Jugend- und aus ihnen aktive Feuerwehrleute werden. Im Januar wechseln die ersten vier der Rodinger Firekids zur Jugendwehr. Aber bis ins Erwachsenenalter mit seinen schulischen, beruflichen und familiären Wendungen vergeht noch viel Zeit. Das Wichtigste sei, dass sie vom Feuerwehrvirus infiziert sind, glaubt Meier. „Irgendwann erinnern sie sich und kommen zurück.

“Ein bisschen haben die Kinderfeuerwehren schon jetzt genau diese Wirkung. Denn neben jüngeren Geschwistern locken die Kinder auch die Eltern zum Verein – und manchen Vater, der früher einmal dabei war, zurück in den aktiven Dienst.

Momentan, so Meier, könnten sich die Feuerwehren im Landkreis noch nicht über Nachwuchsmangel beklagen. „Aber wir dürfen es nicht versäumen, Jugendliche zu begeistern.“ Allein durch die demografische Entwicklung verliere das Ehrenamt Mitstreiter. Dazu komme, dass Fußball oder Karate manchmal attraktiver wirken als die Verantwortung bei der Feuerwehr.

Als Nächstes sollen die Sechs- bis Zwölfjährigen – wie die Jugend auch – ihr Können unter Beweis stellen dürfen. Ganz ohne Druck, im Rahmen eines großen Feuerwehr-Familienfestes am 5. Mai in Roding. Die Idee dazu stammt von Roswitha Meier. Das passende Kinderabzeichen ist schon in Arbeit.InfoIm Kreisfeuerwehrverband Cham haben zurzeit 18 Feuerwehren eine Kinderwehr mit insgesamt 163 Kindern. Oberpfalzweit sind es 96 Kinderfeuerwehren (1.514 Kinder).

 

Mit den Bambini fängt es an

Eine der ersten Feuerwehren mit einer Bambini-Gruppe war die Freiwillige Feuerwehr Grabitz. Als Stadtteil-Feuerwehr sei es nicht leicht gewesen, Jugendliche für den Verein zu gewinnen, erinnert sich Vorsitzender Martin Schneider an die ersten Überlegungen. Als dann auch noch eine neue Siedlung mit jungen Familien im Ort entstand, habe man den Beschluss gefasst, ein spezielles Angebot für Kinder zu kreieren.

„Beim ersten Anlauf sind wir noch gescheitert“, erzählt Schneider. Zu gering war das Interesse. Doch ein zweiter Versuch gelang. „Wir hatten bald 30 bis 40 Kinder. Es kamen immer mehr, weil sie auch ihre Freunde mitbrachten“, sagt Schneider. Das Hauptanliegen war natürlich, Kinder spielerisch früh für die Feuerwehr zu begeistern. Aber auch deren Eltern. „Die Feuerwehr ist bei uns ja wie ein Dorfverein, der das Dorfleben mitprägt.“ Auf diese Weise wurden die zugezogenen Grabitzer schnell integriert.

Das war vor rund zehn Jahren. Die Bilanz ist gespalten. Es gab jedenfalls keinen Automatismus von der Bambiniwehr bis zu den Aktiven. Aber: „Wir haben mehr Eltern, mehr Jugendliche und mehr im aktiven Dienst“, sagt Schneider. Und die Ortswehr konnte Imagepflege betreiben. „Wenn mehr dabei sind, haben sie auch Verständnis dafür, welche Anschaffungen eine Feuerwehr braucht“, sagt Schneider.

Auch in Sattelbogen hofft man auf positive Effekte. „Wir haben fast keine Jugend. Von insgesamt sieben sind nur zwei aktiv dabei“, erzählt Andreas Dachauer, Vorsitzender der Feuerwehr Sattelbogen. Also gründete der Verein schon im vergangenen Februar offiziell die Kinderfeuerwehr. „Jetzt im Januar wollen wir durchstarten, mit Flyern informieren und mit den Eltern im Ort reden, was sie sich wünschen.“

Noch nicht ganz so weit ist man in Schorndorf. In kleiner Runde haben sich Kommandant Otto Rädlinger und sein Team informiert über rechtliche Rahmenbedingungen und was die Kinder bei der Feuerwehr schon alles machen können. Nach dem 150-jährigen Gründungsfest in diesem Sommer wollen sie richtig loslegen. Eine Hürde ist dabei das Personal. Wer nimmt sich den Jüngsten in der Feuerwehr an? Für Vorsitzenden Christian Deml steht fest: „Die Aufgabe soll nicht nur auf einer Schulter lagern. Das Thema ist zu umfassend. Das ist für einen zu viel.“

Kreisbrandrat Michael Stahl vergleicht die momentane Entwicklung mit der schrittweisen Etablierung der Jugendgruppen ab Ende der 1970er und Anfang der 80er Jahre. Damals erst für Nachwuchsfeuerwehrler ab 14 Jahren. Zwar hätten inzwischen einige Feuerwehren auch Kindergruppen, doch bislang waren sie nicht in den kommunalen Versicherungsschutz integriert. „Jetzt ist das allgemein geregelt“, nimmt Stahl Bezug auf die Änderung im Landesfeuerwehrgesetz. „Wir haben 190 Feuerwehren im Landkreis, davon haben 186 eine Jugendwehr und knapp 20 eine Kinderfeuerwehr. Da kommt sicher noch mehr“, ist der Kreisbrandrat überzeugt. Der Kreisfeuerwehrverband habe zuletzt einen eigenen Fachbereich gegründet, den Roswitha Meier verantwortet.

Natürlich wird nicht jedes Feuerwehrkind später zum Aktiven. Momentan sei es auch in der Jugend so, dass bestenfalls von zehn Jugendlichen drei oder vier in den aktiven Dienst wechseln, sagt Stahl. Aber: „Man kann den Kindern was fürs Leben beibringen. Mit dem Ergebnis, dass ein Siebenjähriger einen Notruf absetzen und ein Neunjähriger ein Elternteil reanimieren kann.“

 

Quelle: Chamer Zeitung