Feuer und Flamme für die Wehren

08.02.2017
Rettungswesen Kreisbrandrat Michael Stahl zieht im Interview mit Regina Pfeffer eine Zwischenbilanz nach 100 Tagen im Amt als “Mister Feuerwehr”.

Nach 100 Tagen im Amt: Sind Sie schon richtig angekommen im neuen Job?

Ja, schon. Man hat gar keine Luft, dass man sich irgendwie anders Gedanken macht. Es geht vom ersten Tag an 100 Prozent los. Aber eine zunehmende Routine und Sicherheit spielt sich immer weiter ein.

Was war Ihr erster Einsatz im neuen Amt?

Es war gleich in der ersten Nacht zum 1. November, Verkehrsunfall bei Chameregg mit eingeklemmten Personen. Damals war ich zeitgleich auch noch KBI. Dann gleich um 8 Uhr ein Unfall bei Hohenwarth.

Haben Sie sich mittlerweile einen Überblick verschafft? War es ein großer Sprung vom KBI auf KBR?

Die Aufgaben sind mehr und anders, wobei man neu im Amt immer am Anfang mehr hat. Als KBI hat man halt seinen Inspektionsbereich im Blick und als KBR den ganzen Landkreis. Mein Vorteil war, dass ich schon fast 16 Jahre KBI war und auch mit meinem Vorgänger Hans Weber sehr eng zusammengearbeitet habe. Ich lerne viel neue Leute kennen, die ich zwar kenne, aber noch nicht näher damit zu tun gehabt habe.

Was sind überhaupt die Aufgaben eines Kreisbrandrats?

Der KBR hat gesetzliche Aufgaben per Feuerwehrgesetz zugewiesen. Sind sie gut genug ausgestattet, gibt es Defizite in Mannschaftsstärke, Ausbildung oder Ausstattung? Das machen aber auch im Auftrag die KBIs mit. Es geht um Beratungsgespräche bei Beschaffungen und Bauten, z. B. bei Großbetrieben, gewerblichen Bauten, Hotels. Aufgabe des KBR ist auch die sogenannte Brandschutzdienststelle, die Stellungnahmen zu Bebauungs- oder Flächennutzungsplänen gibt. Im vorbeugenden Brandschutz macht man nicht groß Kompromisse, dazu ist die Sachlage zu ernst. Weiter gehört die Abstimmung mit anderen Hilfsorganisationen (BRK, THW usw.) dazu. Die KBMs und KBIs sind alle durch den KBR bestimmt und vom Landrat bestätigt. Die gesetzliche Lage ist auch, bei größeren Einsätzen anwesend zu sein und die Einsatzleitung zu übernehmen. Man muss dabei den Blick über das Ganze haben. Ich habe absolutes Vertrauen in die Kommandanten, KBMs und KBIs. Ein Kreisbrandrat berät die Gemeinden bei Neubeschaffungen und stimmt alles mit der Regierung ab. Die Kommandanten muss man auf dem Laufenden halten und die Kommandantenversammlungen leiten. Die Repräsentationsarbeit, der Besuch der Versammlungen, gehört auch dazu. Allerdings werde ich es nicht schaffen, dass ich das erste Jahr zu jeder Feuerwehr kommen kann. Ich habe bei Dienstbeginn allen gesagt, dass es im Leben von Michael Stahl Dinge gibt, die absolut vorgehen und das sind meine Kinder. Unter der Woche sind meist Arbeitstermine, Dienstversammlungen und Besprechungen.

Was machen Sie anders als Ihr Amtsvorgänger? Gibt es schon erste Änderungen?

Die ersten 100 Tage waren bestimmt durch viel intensive Gespräche. Wir haben super Strukturen im Landkreis, ich musste das Rad nicht neu erfinden. Die Gespräche mit den 28 Führungskräften dauerten nie unter drei Stunden. Jetzt gilt es, diese Erkenntnisse und gemeinsamen Ideen umzusetzen.

Wie reagiert ihre Familie darauf, dass Sie ehrenamtlich so eingespannt sind?

Ich war ja vorher auch schon viel unterwegs. Es ist jetzt definitiv mehr, aber es hat sich eingespielt. Oft tut es mir schon weh, wenn ich gehe. Ich schaue sehr darauf, dass ich mit meiner Frau Sylvia und meinen Kindern Anna-Maria (7) und Simon (2) noch etwas unternehme. Es gibt wenig, nur stundenweises Privatleben, getrieben vom Terminplan. Ohne meine starke und verständnisvolle Frau hätte ich diese Aufgabe nicht bewältigen können.

Dass Feuerwehren unverzichtbar sind, mussten Sie ja schon selbst am eigenen Leib verspüren. Welche Gefühle gingen Ihnen da durch den Kopf?

Michael Stahl schmunzelt und berichtet über den Zimmerbrand in seinem Büro in Arrach. Wenn man mal auf der anderen Seite steht, schaut das Ganze schon anders aus.

Gibt es ein Projekt, auf das Sie stolz sind?

Besonders freut mich, dass wir ein landkreisweites Beschaffungs- und Stationierungskonzept mit Wechselladerfahrzeugen und Abrollcontainer über die Fläche planen. Ich denke, dass wir uns damit fit für die Zukunft machen.

Was war die größte Herausforderung bislang?

Bislang hat mich am meisten vom zeitlichen Aufwand her zum einen die Findung eines Nachfolgers von mir als KBI, aber auch die Nachbesetzung eines KBM im KBM-Bereich Zell gefordert. Gott-Lob konnten wir hier zwei engagierte Kameraden finden.

Warum opfern Sie so viel Zeit für dieses Ehrenamt?

Da ist zum einen das Gefühl der Freude, wenn man jemanden bei Einsätzen retten oder helfen konnte. Zum anderen, wenn man, wie unser Landrat sagte, das “Helfergen” in sich hat, kann man gar nicht anders. Weiterhin arbeite ich einfach sehr gerne mit meinen gleichgesinnten Kameradinnen und Kameraden zusammen. Das Wohl unserer Feuerwehren unserer Feuerwehrjugend liegt mir einfach am Herzen.

Wie schätzen Sie die allgemeine Stimmung unter den Feuerwehren im Landkreis Cham ein?

Gut. Wenn ich wo hinkomme, bin ich gut aufgenommen. Aber ich weiß auch, dass es ein Kreisbrandrat nicht jedermann recht machen kann.

Welche Forderungen und Wünsche haben Sie an die Politik?

Die örtliche Politik bis zum Landrat steht 200 Prozent hinter den Feuerwehren und legt die Hände dafür ins Feuer. Die Landespolitik auch, aber der Bund und die EU machen es uns manchmal schon schwer. Die Förderung des Ehrenamtes könnte von der großen Politik noch nachgebessert werden. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass jemand, der Tag und Nacht bereit ist, seine Gesundheit für seine Mitmenschen einzusetzen, bei der Rentenberechnung einen Vorteil dadurch erhält, dass ihm für jedes Jahr seiner ehrenamtlichen Tätigkeit ein kleiner Betrag angerechnet wird. Das wäre ein bleibender Wert.

Eine Zusammenfassung der ersten 100 Tage im Amt?

Auch wenn mich der Verwaltungsaufwand mehr bindet als es mir lieb sein kann - Kreisbrandrat zu sein, macht mir schon recht viel Spaß. Gereut hat es mich bisher nicht.

 

(Bericht aus dem Mittelbayerischen Zeitung; www.mittelbayerische.de)